Digitalisierung: die unsichtbare Gefahr

„Digitalisierung: die unsichtbare Gefahr“
„Hält die Digitalisierung, was uns die Medien immer wieder versprechen? Zweifel sind erlaubt. Sicher hilft uns die Informationstechnologie, Inhalte zu verbreiten, auszutauschen und rasch und einigermaßen problemlos zu finden – Aktivitäten, die vor dreißig Jahren noch ausgesprochen mühevoll waren. Doch diesen Errungenschaften des Computerzeitalters stehen Gefahren gegenüber, von denen kaum gesprochen wird. Von Wolfgang Teubert.
Digitalisierung lähmt unsere Kreativität. Sie hindert uns, neue Wege zu beschreiten. Zum Teil muss das so sein. Denn alle Datenverarbeitung ist mechanisch. Nur was bestimmten Anforderungen genügt, lässt sich verarbeiten. Wann immer wir Informationstechnologie benutzen, müssen wir Regeln einhalten, die systembedingt sind. Auch die beste Übersetzungssoftware kann nur übersetzen, was so oder so ähnlich schon einmal übersetzt worden ist. Bei einem Wort, das sie nicht kennt, muss sie versagen. Systemzwänge, unhintergehbare Regeln, können aber auch von denen, deren Systeme wir benutzen, bewusst geschaffen werden. Das betrifft beispielsweise Software, die bestimmte Formulierungen als ‚hate speech‘ oder ‚fake news‘ identifiziert und zensiert. Je mehr wir uns auf solche Vorgaben einlassen, desto schwieriger kann es werden, neue Ideen zu formulieren.“
„Digitalisierung hat es immer schon gegeben, wenn es um mechanisches Verhalten geht. Das trifft für einen erheblichen Teil unseres Lebens zu. Da gibt es ein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘, ein ‚ja‘ oder ‚nein‘, eine Null oder eine Eins. Die prototypische Ausbildung von Soldaten erzieht diese zum Gehorsam, zum Ausführen von Befehlen, nicht zur Diskussion mit dem Vorgesetzten. Aber auch sonst tun wir oft, wenn es nicht weh tut, genau das, was von uns erwartet wird. Der Mensch ist weitgehend programmierbar, und er programmiert sich auch selber gerne. Er verarbeitet Daten, die an ihn herangetragen werden, als Instruktionen, denen er, solange nichts dazwischenkommt, mehr oder weniger automatisch Folge leistet. So unterwerfen wir uns, einzeln oder gemeinsam, durchaus freiwillig, Regeln, die andere uns vorgeben, sei es beim Sudoku, beim Kreuzworträtsel, beim Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel, oder auch beim Einhalten religiöser Gebote. Das (gelegentliche) Erfolgserlebnis kann uns geradezu süchtig machen, sich derart geregelten Vorgängen zu unterwerfen. All das ist es, was ich als digitales Verhalten bezeichne.
Aber nicht alles kommunikative Verhalten war geregelt. Zwar gab es im Umgang untereinander immer schon Konventionen, aber es waren unsere Regeln, die wir uns selbst gegeben haben, und sie waren flexibel und ließen sich auch gelegentlich verletzen, ohne dass dabei das Miteinander notwendig auseinanderbrechen musste. Gerade in fruchtbaren Auseinandersetzungen schlägt man gern mal über die Stränge. Das kann besonders bei Diskussionen über Dinge, die einem am Herzen liegen, ganz leicht passieren. Das ist bei Regeln, die von oben kommen (beispielsweise in der Bürokratie), oder bei den Spielregeln der digitalen Informationstechnologie anders: sie lassen keine Regelverletzungen zu.
Zahlen sind immer schon digital. Aber die Inhalte, die wir miteinander austauschen, sind es eigentlich nicht. Inhalte sind keine unabweisbaren Daten. Inhalte sind immer an Sprache gebunden. Doch was Gesagtes bedeutet, steht nicht fest; es bedarf der Interpretation. Und weil es keine richtigen und falschen Interpretationen gibt, ist Gesagtes prinzipiell mehrdeutig. Wenn Sprache aber digitalisiert wird, dann werden aus Inhalten Daten, die sich ohne Bezug auf das, was sie bedeuten, mechanisch verarbeiten lassen. Bisher konnten wir uns ziemlich frei ausdrücken, solange uns unserer Gesprächspartner verstanden hat. Nun, wo ein immer größerer Teil unserer Kommunikation durch den Filter der Informationstechnologie läuft, müssen wir uns angewöhnen, uns so auszudrücken, dass auch die Softwarealgorithmen damit kein Problem haben. Nun muss das, was wir an Inhalten mit anderen austauschen wollen, auch den Regeln gehorchen, die von den sozialen Netzwerken vorgegeben sind. Natürlich wird sich auf den Webseiten vieler Blogs immer noch gern gestritten. Aber es mehren sich die Fälle, in denen Inhalte wegen vorgeblicher Regelverstöße (etwa weil der Algorithmus sie als fake news oder als rassistisch oder sonstwie diskriminierend identifiziert) der Zensur zum Opfer fallen.
Die Digitalisierung gibt denen, die an den Schalthebeln der Informationstechnologie sitzen, denen, die die Regeln für Google, Facebook, Twitter, WhatsApp, Instagramm usw. bestimmen, die Macht über das, was wir sagen dürfen, die Macht, uns in unserem Sagen und Denken so zu konditionieren, dass wir uns gar nicht mehr der Regeln bewusst sind, denen wir zu folgen haben. Soweit wir uns darauf einlassen, diese Technologie zu nutzen, sind wir den Interessen derer, die die Bedingungen festlegen, mehr als wir gemeinhin glauben ausgeliefert.
Wenn wir selber Gesagtes immer mehr als verarbeitbare Daten und immer weniger als interpretierbare Inhalte auffassen, hören wir auf, über Inhalte zu diskutieren. Stattdessen nehmen das, was uns gesagt wird und was wir anderen sagen, als Daten, als Informationen entgegen, die man annimmt oder verwirft, aber über die man nicht streitet. Doch es ist genau diese Streitkultur, die uns zwingt, dem, was andere sagen, mit Argumenten zu begegnen, Sichtweisen mit anderen Perspektiven zu kontern, die uns neue Ideen eingibt, die unsere schöpferische Ader freilegt. Ohne solche Debatten bleibt alles für uns beim Alten. Dabei kommt es nicht darauf an, dass man sich gegenübersitzt. Solche Debatten werden oft schriftlich geführt. In einem Essay, einem wissenschaftlichen Artikel, in einem Buch kann man auf das reagieren, was andere gesagt haben, bestätigen oder in Frage stellen, was dort behauptet wurde und wird dabei oft zu Schlussfolgerungen kommen, die neu sind und über das hinausgehen, was man selbst zuvor gesagt hat. Und darauf wieder können andere antworten. Das war einmal fast selbstverständlich. Doch dem ist nicht mehr so. Inzwischen mehren sich, wie ich zeigen möchte, die Indizien dafür, dass uns Digitalisierung dümmer macht und uns immer mehr denen ausliefert, die sie kontrollieren.
Sprache schafft Wirklichkeit
Es ist ganz wesentlich die Sprache, die uns Menschen unsere besondere Stellung unter den Lebewesen gibt. Sie gestattet uns, der Einsamkeit unseres Denkens zu entkommen und mit anderen Menschen eine Gemeinschaft zu bilden, in der wir unser Wissen, unsere Vorlieben und Befürchtungen austauschen und mit anderen Menschen teilen können, in der wir von anderen lernen und anderen etwas beibringen können, in der wir uns über die Wirklichkeit, in der wir uns befinden, verständigen und uns zusammentun können, um sie so zu verändern, dass sie mehr unseren Wünschen und Hoffnungen entspricht. Dazu müssen wir frei sein, so miteinander zu sprechen, wie es uns gefällt, von gleich zu gleich, ohne an Regeln gebunden zu sein, die andere erlassen haben.
Erst seit vielleicht zweihunderttausend Jahren haben die Menschen sprechen gelernt. Lange ging es nur darum, Informationen auszutauschen und sich zu gemeinsamem Tun zu verabreden, wie noch zu Zeiten der Steinzeit:
„- Schau, Oskar, da drüben am Waldrand, siehst du, da steht ein Wollmammut. Hast du deinen Speer parat? Wollen wir es jagen? Rufst Du Seppl, dass er mitkommt?
– Ich will aber nicht. Ich brauche Ruhe. Ich bin total gestresst.“
Mittels Sprache haben Menschen ihre Umwelt, also die Wirklichkeit, die sie umgibt, in Dinge zerlegt, die sie mit Wörtern bezeichnen können, beispielsweise Wald, Rand, Wollmammut, Speer, aber auch in Personen, etwa Seppl oder Oskar, in Vorgänge und Zustände (stehen, jagen, mitkommen, gestresst sein),..“
„Das Aufkommen von Sprache hat die Grenzen ihrer Kommunikationsmöglichkeiten enorm erweitert. Sie können nun Gruppenmitglieder ansprechen und sich von ihnen ansprechen lassen, sie können sagen, was sie sehen und hören, was sie getan haben und tun werden, Wünsche äußern, Fragen stellen und Antworten geben, und sie können Geschichten erzählen, wahre und erfundene.
Das gibt es alles noch immer, trotz Digitalisierung. Überwiegend sind es immer noch wir, die Sprecher, die bestimmen, wie wir miteinander reden. Man kann miteinander Kaffee trinken oder telefonieren, Gebärdensprache benutzen oder jemandem eine Ansichtskarte, oft auch eine WhatsApp-Mitteilung oder gar einen richtigen Brief schicken, ohne dass uns jemand einen Regelverstoß vorwirft. Natürlich bilden sich dabei auch Konventionen aus, es entstehen immer wieder neue Usancen und alte geraten in Vergessenheit. Wir sind uns ihrer nur in seltenen Fällen bewusst. Ohne darauf acht zu haben, reden wir in der Familie so, im Freundeskreis etwas anders und mit Kollegen wieder anders. Manchmal treffen wir vielleicht auch den falschen Ton, aber das lässt sich meist ausbügeln.
Doch das ist längst nicht alles, was Miteinander-Sprechen bedeuten kann. Mit Sprache kann man auch Herrschaft ausüben. Wenn die einen frei sind zu sagen, was ihren Interessen dient, während andere so gut wie kein Stimmrecht haben, befinden wir uns in einer Klassengesellschaft. Es mag damit begonnen haben, dass einige so privilegiert waren, dass es für sie nicht mehr nur um das schlichte Überleben ging, sondern dass sie die Muße hatten, sich darin zu üben, sich nach Lust und Laune mit anderen auseinanderzusetzen. So entstand eine Gesellschaft, in der die einen lernten, den anderen zu sagen, wo es lang geht. Das gilt auch heute noch. Wer zur Oberschicht gehört, kann sich oft gewandter ausdrücken und überzeugender sprechen als Menschen, die ohne besondere Ausbildung ihren Mann stehen müssen. Diese ergeben sich meist in ihr Schicksal. Sie haben nicht gelernt, die Verhältnisse in Frage zu stellen.
Wer die Macht über den öffentlichen Diskurs ausübt, indem er etwa über die Medien verfügen kann, der kann auch Einfluss nehmen auf unsere Sicht der Wirklichkeit. Denn Sprache kann mehr als nur unsere Wirklichkeit benennen. Dadurch, dass uns jemand etwas zeigt und dem Gezeigten Namen gibt, kann er in unseren Köpfen verankern, dass Gehorsam und Fleiß, Ehrlichkeit und Bescheidenheit die wichtigsten Tugenden sind, dass es in unserem Land allen, die es verdienen, gut geht, oder dass wir uns vor Aggressionen aus dem Osten schützen müssen. So internalisieren wir konzeptionelle, spirituelle und gesellschaftsbezogene Sichtweisen, die sich andere für uns ausgedacht haben. Sie bestimmen das, was wir für unsere Wirklichkeit halten.
Gegenbewegungen hat es immer schon gegeben. Die meisten Versuche, eine Gesellschaft mit mehr Gleichheit und weniger Ausbeutung zu etablieren, sind früher oder später gescheitert, nämlich immer dann, wenn es Kräfte gab, die sich mit Versprechungen und wohlklingenden Narrativen beim Volk einschmeichelten, während sie die Präsenz von Gegenmeinungen verhinderten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Propaganda, mit der die deutschen Fürsten ihre sogenannten Befreiungskriege gegen die Napoleonische Herrschaft begleiteten. Am Ende herrschte wieder wie zuvor die Obrigkeit über ihre Untertanen.
In den letzten Jahrzehnten hat die Anarchie des Internets Gegenmeinungen zum herrschenden Diskurs eine neue Plattform für Protest gegeben. Doch das ist nicht im Sinn der Herrschenden.
…“
„Das passt nahtlos zu allgegenwärtigen Anstrengungen, all das, was den Mächtigen in unserer Gesellschaft gefährlich werden könnte, aus dem Internet zu verbannen. So wird es zunehmend der Zensur unterworfen. Aber entscheidender könnte es sein, dass ein immer größerer Teil unserer Kommunikation, nämlich all die Daten, die wir online an Behörden, Warenanbieter oder andere Institutionen richten, den digitalen Regeln dieser Empfänger unterworfen sind, denen wir uns zu unterwerfen haben, dass wir also immer mehr mit Algorithmen und nicht mit Menschen kommunizieren. Das hat, so glaube ich, zur Folge, dass sich unser gesamtes Kommunikationsverhalten unmerklich diesen digitalen Zwängen anpasst. Es sind deshalb oftmals nur noch Daten, Informationen, und immer weniger Inhalte, die wir austauschen. Wir sind in Gefahr, zu verlernen, wie man sich um Inhalte streitet. Doch nur solche Gespräche halten unseren Geist rege; nur sie sind es, die unsere schöpferische Intelligenz trainieren.
Die Umkehrung des Flynn-Effekts: Werden wir wieder dümmer?“
„s ist also, wie es scheint, die zunehmende Digitalisierung von immer mehr Aktivitäten, die viele Menschen gar nicht mehr auf den Gedanken kommen lässt, dass man sich gegen die Zumutungen von sich digital verhaltenden Behörden und Online-Händlern oder ganz allgemein gegen eine durchalgorithmisierte Umwelt wehren müsste. Vielleicht ist das aber auch schon die Folge davon, dass sich unsere Kreativität allmählich abbaut. Denn seit ein paar Jahren geht ein Gespenst um in der sogenannten zivilisierten Welt: die Umkehrung des Flynn-Effekts.
Mit dem nach James Flynn benannten Effekt bezeichnet man das Phänomen, dass sich die gemessenen Intelligenztest-Ergebnisse vom Beginn des 20. Jahrhunderts an ständig nach oben bewegt haben. Die Menschen, so scheint es, waren intelligenter geworden. Doch vor gut zwanzig Jahren kam es offensichtlich zu einer Umkehr. Werden wir also wieder dümmer? Nun wissen wir natürlich nicht, was diese Tests eigentlich messen, und ebenso wenig sind wir uns einig, was Intelligenz ist. Aber dennoch sollten wir uns fragen: Müssen wir uns Sorgen machen? Dazu schreiben James Flynn und Michael Shayer in einem 2018 veröffentlichten Beitrag:“
„„Zu registrieren ist ein starker Rückgang gerade der Spitzenergebnisse. … Weniger englische Schüler können formale Operationen durchführen. Das heißt, weniger von ihnen können abstrakt (ohne konkrete Beispiele) denken, wodurch sich ihre Fähigkeit begrenzt, folgerichtig zu denken und systematisch zu planen. … Kinder heute denken weniger abstrakt als konkret. Sie gehen mehr in einer modernen visuellen und auditiven Kultur auf. Sie verbringen mehr Zeit beim Fernsehen, am Handy und mit Computerspielen.““
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=53682

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